Foto: THD

Mehr als 1300 km an Schienenwegen könnten in Deutschland reaktiviert werden, ergab eine Studie aus 115 Projektansätzen. In 2022 wurden allerdings nur 8 km Schienennetz reaktiviert, in 2023 keine einzige Strecke. Die «Allianz pro Schiene» fordert, den Güterverkehr stärker einzubeziehen. Vorbild: die Schweiz.

Das Potenzial von Reaktivierungen von Schienenwegen im ländlichen Raum werde längst nicht ausgeschöpft. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Technischen Hochschule Deggendorf, an der sich 115 Reaktivierungsprojekte in ganz Deutschland beteiligt haben. Bislang hat nur ein Zehntel der Initiativen erfolgreich eine Strecke wiederbeleben können. Auch eine Untersuchung der Leibniz-Gemeinschaft sieht ungenutztes Potenzial. Die Allianz pro Schiene fordert auch eine aktivere Rolle des Bundes, um Reaktivierungsvorhaben schneller zum Erfolg zu führen.

Der wissenschaftliche Leiter der Studie, Professor Johannes Klühspies: «Als grösstes Hindernis bei den Projekten gilt die sogenannte Wirtschaftlichkeitshürde, also dass die Reaktivierung sich betriebswirtschaftlich rechnen muss».
Die Allianz pro Schiene hatte bereits im vergangenen Jahr darauf aufmerksam gemacht, dass die Zahl der Machbarkeitsstudien für Reaktivierungen in Deutschland stark gestiegen sei. Zusammen mit dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hatte das gemeinnützige Bündnis ausgerechnet, dass Machbarkeitsstudien in mehr als 75 Prozent der Fälle zu einem positiven Ergebnis kommen. Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, beklagt jedoch, dass es zu langsam vorangehe: «Wir sehen einen gewaltigen Rückstand bei der Umsetzung. Wir müssen in Deutschland acht Mal so schnell werden wie bisher, wenn die öffentliche Hand bis 2030 allein die Reaktivierungen, für die bereits positive Machbarkeitsstudien vorliegen, umsetzen will». Das wären die 1300 km Schienenstrecke.

Flege: «Es braucht in allen Bundesländern eine klare Reaktivierungsstrategie mit konkreten Zeitplänen, damit die Akteure vor Ort nicht Jahre und Jahrzehnte rödeln und trotzdem nicht vorankommen.»

Der Güterverkehr werde bei den Strecken-Reaktivierungen von den Akteuren vor Ort meist vernachlässigt. Klühspies: «Beim Güterverkehr sind häufig zusätzliche Investitionen erforderlich, weil es um höhere Lasten geht als im Personenverkehr. Auch Ladestrassen und Güterumschlagsflächen wären hier dringend einzuplanen. Es braucht also die richtigen Anreize, damit auch der Schienengüterverkehr bei den Reaktivierungen sinnvoll integriert wird.» So, wie die Zentralbahn in der Schweiz.


Bei der Leibniz-Gemeinschaft heisst es, der Güterverkehr müsse bei den Reaktivierungsvorhaben deutlich stärker mitgedacht werden als bisher, auch um Gewerbeflächen wieder besser an die Schiene anzubinden.


Die Allianz pro Schiene fordert speziell für den Güterverkehr ein Bundesprogramm. Flege: «Für die Reaktivierung von Strecken im Personenverkehr übernimmt der Bund bereits 90 Prozent der Kosten einer Reaktivierung. Für den Güterverkehr gibt es eine solche Förderung bislang nicht. Daher wäre ein eigener Haushaltstitel das Mittel der Wahl».

www.allianz-pro-Schiene.de

Die Studie der TH Deggendorf zum Download