Mehr Ware auf die Schiene

Bereits der Ur-Urgrossvater der heutigen Eigentümer Christof und Markus Züger war 1850 mit Leib und Seele Käser. Inzwischen gilt ein Teil der Passion auch der Intralogistik. Zum vierten Mal wurde mithilfe der Automatisierungs-Spezialisten von Westfalia in grossem Umfang die Lagertechnik ausgebaut.

1998 als AG gegründet, hat das Familienunternehmen in Oberbüren inzwischen 280 Beschäftigte. Letzten Dezember ging die West-Erweiterung der grössten Mozzarella-Herstellerin und fünfgrössten Milchverarbeiterin der Schweiz in Betrieb. Die Westerweiterung wurde über 20 Monate realisiert. Mit der Erweiterung des Frischelagers wurde die Auslagerleistung des Gesamtsystems um 150 Paletten auf 400 Paletten pro Stunde, und die Lagerkapazität um 700 Palettenstellplätze erhöht. Insgesamt hat das Unternehmen mehr als 10 Mio. CHF investiert.

Christof und Markus Züger haben mit unternehmerischen Mut Export-Märkte erschlossen, neue Spezialitäten und verschiedene Convenience-Produkte auf den Markt gebracht. Seit Juni ist die Weltneuheit «Züger MozzaVella», ein veganer Mozzarella auf Mandel-Hafer-Basis, im Handel und schaffte beim Innovationswettbewerb der Anuga 2021 «Taste» unter 1.600 Neuheiten auf Anhieb den Sprung in die Top 60. «Wir bauen das vegane Sortiment weiter aus», sagt Christof Züger. Vegane Alternativen zu Mascarpone, Salatkäse und Cottage Cheese sind angekündigt.

Fotos: M.Engi

Das Unternehmen setzt modernste Technologien wie einen Koagulator und umfassende Automation ein. 2019 ging eine Solaranlage mit einer Jahresleistung von 450.000 kWh in Betrieb. 50 Prozent der Produkte werden exportiert, sogar nach Indien und Südkorea. Hauptabnehmer ist Deutschland. Der Betrieb verarbeitet täglich zwischen 400 und 450 t Milch, davon etwa 20 Prozent Bio-Milch. Nachdem sich die Menge innerhalb von zehn Jahren verdoppelt hat, sei in den nächsten Jahren erneut eine Kapazitätserweiterung geplant.

René Giger vom Westfalia-Vertrieb Schweiz hat seit 2006 die Intralogistik-Automatisierung des Betriebs begleitet. 2010 realisierte Westfalia als ersten Auftrag das kompakte automatische Frischelager mit 2500 Palettenstellplätzen. Das hat der Intralogistikspezialist beim inzwischen vierten umfangreicheren Auftrag jetzt nach Westen erweitert. «Die Durchsatzleistung mussten wir erhöhen, die wachsende Anzahl an Produkten konnte logistisch nicht mehr durch den Betrieb geführt werden», erläutert René Giger. «Ausserdem musste mehr Verpackungsmaterial eingelagert werden, um unter anderem steigende Preise, Rohstoffverknappung, Verfügbarkeiten und längere Lieferfristen abzufedern». Die 700 zusätzlichen Frischelager-Stellplätze hatten sich durch das kompakte Layout angeboten. Die selbsttragende Silobauweise spart dabei Kosten für den Hallenbau.

Flexibel angebunden

Bislang gab es im Gesamtsystem mit einem täglichen Durchsatz von rund 2000 Paletten, das das automatische Kühllager mit einem Tiefkühllager und einem Verpackungslager verknüpft, sechs Senkrechtförderer (SKF). Giger: «Wir haben zwei weitere einsäulige Senkrechtförderer installiert und auf fünf Ebenen mit zusätzlicher Fördertechnik angebunden. Die Lifte sind mit Rollenförderern auf Drehtischen ausgerüstet. So lassen sich Ladeeinheiten je nach Geschoss sowohl stirnseitig als auch seitlich aufnehmen und übergeben.»

Dynamische Produkteinlagerung
Die SKF befördern mit bis zu 90 m / min. über 24,5 m Hubhöhe zusätzlich ca. 150 Paletten pro Stunde zwischen Einlagerung im 5. Obergeschoss, Auslagerung im 4. OG, einem Nassbereich mit Edelstahl-Fördertechnik und Produktionsebene im 2. OG, dem Erdgeschoss, das als Pickebene dient, und dem Untergeschoss mit Blocklagern. Die Erweiterung erhöht zudem die Einlagerleistung aus der Produktion und der Verpackungsaufgabe. Die Anlagen laufen rund um die Uhr. Die nebeneinander liegenden Schächte sind mit Brandschutztüren von den fünf angeschlossenen Geschossen getrennt.

Die hohe Zahl der Senkrechtförderer ist eine Besonderheit des Lagersystems: «Wegen der beengten Platzverhältnisse war unsere Lagertechnologie mit Satellit von Beginn an ein Muss für die Logistiklösung – alle drei Lager haben wir aufs ehexige Dach gebaut», so Giger. Denn die besonders kompakten mehrfachtiefen Lager mit bis zu fünf Ebenen lassen sich auf knapp bemessene Flächen zuschneiden.

«Nach dem Frischelager von 4 °C mit 115 x 15 x 11 mn haben wir 2012 das Tiefkühllager von -18 °C mit 30 x 24 x 11 m und 1400 Stellplätzen installiert. 2014 folge das Verpackungslager mit 40 x 34 x 11 m und ca. 3000 Regalstellplätzen für Paletten».

 Passgenaue Steuerung

Ausgelegt ist das System für Europaletten aus Holz und Kunststoff, für Paloxen aus Kunststoff und für bis zu 1,3 m breite, 0,9 m tiefe und 1,8 m hohe Ladeeinheiten. Im Kühl- und Tiefkühllager sind sie bis zu einer Tonne schwer, die Verpackungsmaterial-Einheiten bringen es auf jeweils bis zu 250 kg.

Vier Regalbediengeräte transportieren je 60 Paletten pro Stunde im Doppelspiel und sind mit dem Lastaufnahmemittel Ketten-Satellit ausgestattet. Die RBG Im Verpackungslager und im Frischelager lagern längs ein, das RBG im TK-Lager quer. Um im Frischelager die Zugriffsfrequenz zu verdoppeln, fahren zwei RBG auf einer Schiene. Jedes Lager kommt mit einer Gasse aus. Die geringe Anzahl an Fahrzeugen vermindert wegen der geringeren Grundlast im Standby den Energieverbrauch, bei weniger Einzelkomponenten sinkt auch der Wartungsaufwand.

Mit bis zu 18 Stellplätzen hintereinander gehören die Lagerkanäle im Verpackungslager von Züger zu den tiefsten von Westfalia realisierten. In diesen entfernt sich der Satellit bis zu knapp 25,6 m vom RBG. Diese Kanäle bieten sich insbesondere bei sortenreinen oder solchen Artikeln an, auf die nur mit mittlerer Frequenz zugegriffen werden muss, nutzen dafür aber ca. 95 Prozent des Raums zur Lagerung.
Westfalias Warehouse Execution System Savanna.NET generiert bei Züger täglich bis zu 8000 Fahraufträge. Christian Goltermann, Vertriebsleiter Software & IT bei Westfalia: «Es tauscht Daten mit dem Host-System CSB aus, befüllt und leert automatisch eine Schnellkühlzone, versorgt eine Pickzone und die drei unterschiedlichen Produkt- und Temperaturzonen Frische, Tiefkühl und Normaltemperatur für Verpackung.»

Per Satellit in die Lagerkanäle

Die schrittweise Erweiterung des automatischen Lagersystems auf engstem Raum kommt der Unternehmensentwicklung entgegen, erklärt Silvan Egger, zuständiger Projektleiter bei Züger Frischkäse. «Obwohl wir das erste Lager bereits in 2010 realisiert haben, konnten wir dieses aufrüsten, umrüsten und auf den neuesten Stand bringen. Diese Erweiterbarkeit hat für das Unternehmen und dessen Entwicklung grosse Vorteile. Durch die aktuelle Erweiterung um zwei Senkrechtförderer können wir die Produktivität massiv erhöhen. Speziell in der Logistik müssen die LKW nicht mehr auf Ihre Paletten warten.»

Die langjährige Kooperation habe sich bewährt, so Egger. «Wir konnten die neue Anlage hervorragend in das bestehende System integrieren.» Daher empfehle er den Intralogistikspezialisten auf jeden Fall weiter. «Westfalia fertigt selbst, die Regalbediengeräte sind robust und langlebig». Auch steuerungstechnisch seien alle Lösungen gemeinsam erarbeitet und umgesetzt worden.

www.westfaliaeurope.com