Die Felstechnik-Spezialisten von Gasser berichten von einem Auftrag, der mit der zu installierenden Fördertechnik der Schilthornbahn 20XX eine Steigung von 160 Grad bewältigen, also fast schon eher wie ein Lift senkrecht in die Höhe führen wird.
Gemeinsam mit Partner Gerber + Troxler Bau darf Gasser in einer Arbeitsgemeinschaft im Auftrag der Schilthornbahn am Generationenprojekt 20XX mitwirken. Das Vorhaben umfasst den Ersatzneubau von allen drei Seilbahnsektionen auf den Piz Gloria, aufgeteilt in verschiedene Lose. Die Arbeitsgemeinschaft ARGE 007, die sich schon ein wenig nach «James Bond» anhört, hat den Zuschlag für alle drei Stützen des Projekts sowie die Mittelstation in Mürren erhalten.
Fotos: Gasser Felstechnik
Zwischen der Talstation Stechelberg und dem Bergdorf Mürren wird es neu eine direkte Linie geben. Die neue Luftseilbahn wird 775 Höhenmeter überwinden und dabei eine Steigung von knapp 160 % erreichen – ein deutlicher Weltrekord. Die spektakuläre Pendelbahn wird von der Gruppe Doppelmayr/Garaventa erbaut. Die ARGE 007 mit Gerber + Troxler baut für die beiden Stützen in anspruchsvollem Gelände und errichtet die Mittelstation Mürren. Zudem realisieren die Fels-Experten die einzige Stütze der Funifor-Seilbahn von Mürren nach Birg.
Der Part von Gasser innerhalb der ARGE umfasst den sprengtechnischen Felsabtrag für die Stützen, Baugrubensicherungen, Pfahlfundationen, Erdbauarbeiten sowie Betonarbeiten an den Mastfundamenten. Eine hochkomplexe Logistik und ein enges Bauprogramm sind die Rahmenbedingungen dieses alpinen Grossprojekts. Dabei kommen Gassers Ad-hoc-Problemlösungskompetenzen, das breite Leistungsspektrum sowie die Expertise mit Infrastruktur im alpinen Raum zum Tragen.
Die Felsspezialisten können auf umfangreiche Projekterfahrung im Bau von Bergbahnen zurückgreifen – die Stanserhornbahn, Pilatusbahn, Bergbahnen Sörenberg und die Zermatt Bergbahnen zählen zu den Kunden. Seit Mitte Februar 2023 ist Gasser nun mit dem Aufbau der Logistik und den Installationsarbeiten für das neue Projekt beschäftig. Die Hauptinstallationen umfassen unter anderem diverse Baupisten und Installationsplätze, eine Materialseilbahn, vier Baukräne sowie eine mobile Betonanlage.
Das autofreie Mürren liegt auf 1650 m ü. M. wenig oberhalb einer Felswand, die senkrecht ins Lauterbrunnental abfällt. Dort unten, in Stechelberg, kommen die Strassentransporte an. Um den Umschlag aller für den Bau benötigten Güter sicherzustellen, hat die Bauherrin Schilthorn Bahn AG eine Materialseilbahn von Stechelberg bis Mürren und weiter auf Birg und das Schilthorn erstellt. In den letzten Monaten entstand unter dieser Materialseilbahn in Mürren ein grosser Installationsplatz in steilem Gelände. Unterdessen gelangen fast alle Güter per Materialseilbahn mit 8 t Nutzlast nach Mürren.
Die Stützen 1 und 2 befinden sich unterhalb von Mürren und dienen der Überwindung verschiedener Geländeneigungen auf der Sektion Stechelberg-Mürren. Die Stütze 2 direkt unterhalb des Dorfes wurde mit einer provisorischen Baupiste erschlossen und erhielt einen komfortablen Umschlagplatz. Zur Bedienung der Baugrube mit rund 1400 m3 Aushubvolumen und für den anschliessenden Betonbau von ca. 600 m3 wurde auf einen Obendreherkran mit einer Ausladung von 45 m und einer Hakenhöhe von 35 m gesetzt. Dieser Installationsplatz dient auch dem Umschlag sämtlicher Güter zu Stütze 1, die tiefer, direkt auf der Kante der senkrechten Felswand, zu liegen kommt. Erschlossen wird die exponiert gelegene Stütze 1 per Materialseilbahn ab Stütze 2. Die Hauptkubaturen der Stütze 1 betragen 850 m3 Aushub und 320 m3 Beton. Die Transporte zwischen den beiden Umschlagplätzen Mürren und Stütze 2 erfolgen mit kleinen, dem Bergdorf angepassten Maschinen: Die Baumaterialien werden mit einem Reform Muli mit Kippbrücke transportiert. Der Beton wird mit Kleinfahrmischern durch das Dorf geführt. Sämtlicher Aushub bzw. Felsausbruch wird mit Raddumpern und dem Reform Muli abtransportiert.
Die dritte Stütze steht auf einem kleinen Zwischenhubel der Sektion Mürren-Birg auf der Höhe des Suppenbodens. Damit die grösseren Geräte zu dem Bauplatz gelangen und die Erdbewegungen von 1500 m3 auf die Enddeponie geführt werden können, musste eine Baupiste in die steil abfallende Bergflanke geschlagen werden. Für die Baumeisterarbeiten wurde ein kleinerer Untendreherkran gewählt, da sich die Stütze zwischen der bestehenden Luftseilbahn und der temporären Materialseilbahn befindet. Der Kran dient der Verschiebung von Baumaterialien zwischen der Abladestelle und der Baugrube. Die 1000 m3 Beton werden mithilfe einer Betonpumpe eingebracht.
Um den voraussichtlichen ARGE-Bedarf an rund 6000 m3 Beton abzudecken, wurde entschieden, in Mürren eine mobile Betonanlage aufzustellen. Dies bedingte eine logistische Grossleistung. Mitte April wurden die ersten Teile der Betonanlage unten in Stechelberg angeliefert. Nun galt es, Siloeinheiten und Mischanlage nach Mürren zu bringen. Die Siloeinheiten mussten für den Transport mit der Materialseilbahn nach Mürren in drei Teile zerlegt werden.
Mit Ausnahme des Mischcontainers konnten alle Teile per Materialseilbahn verfrachtet und vor Ort durch das Werkstatt-Team und die Firma Liebherr zusammengebaut werden. Der Mischer wurde in Interlaken vom Sattelschlepper auf einen Tiefgänger umgeladen. Am 26. April wurde er über die Winteregg nach Mürren transportiert und mit einem Pneukran montiert. Am 15. Mai wurde das erste Mal probehalber Beton produziert.
Die Kiesmischung für den Beton wird fertig gemischt in Stechelberg angeliefert. Ab dort wird der Kies ebenso wie der Zement in Transportbehältern mit der Materialseilbahn befördert. Oben wird Kies und Zement mittels einer eigenkonstruierten Verschubbahn in die jeweiligen Kiessilos bzw. zur Zementpumpe verschoben.
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- Geschrieben von: Klaus Koch