Auf der Fachmesse für Bahn- und Verkehrstechnik «InnoTrans» in Berlin gibt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) vom 24. bis 27. September Einblick in Projekte der Schienen-Verkehrsforschung. Darunter ein «NGT-Taxi», ein Hightech-Schienenbus als Chance für stillgelegte Strecken.
Mit dem «NGT-Taxi» entwickelt das DLR ein Konzept für ein kleines, leichtes, effizientes und modular aufgebautes Schienenfahrzeug. Es soll automatisiert und vor allem auf Nebenstrecken unterwegs sein – mit Batterie- oder Brennstoffzellen-Antrieb. So könnte es in Zukunft vor allem den ländlichen Raum besser anbinden. Die Abkürzung NGT steht für Next Generation Train. Das DLR fasst mit diesem Begriff seine Konzepte und Technologien für den Schienenverkehr von morgen zusammen.
In der NGT-Familie gibt es bereits Konzepte für den Hochgeschwindigkeitsbereich sowie für den Zubringer- und Güterverkehr. Es fliesst Know-how des DLR aus den Bereichen alternative Antriebe, Leichtbau, nachhaltige Werkstoffe, Fahrwerk, Klimatisierung, Automatisierung sowie Steuerung- und Regelungstechnik ein. Entsprechend beinhaltet das NGT-Taxi nicht nur das Fahrzeug, also den Zug selbst, sondern auch ein neuartiges Betriebskonzept sowie die Leit- und Sicherungstechnik in der Infrastruktur.
Modular aufgebaut. Abb.: DLR
Die Fahrzeugstruktur und das Antriebskonzept des NGT-Taxi sind modular aufgebaut und lassen sich flexibel den Gegebenheiten anpassen: Die kürzeste Variante ist knapp 10 m lang mit zwölf Sitzplätzen. Die längste misst 17,5 m und hat 54 Sitzplätze. Möglich machen das Wagenmodule, die miteinander kombiniert werden. So lassen sich grössere Stückzahlen kosteneffizient produzieren. Durch die Modularisierung lassen sich auch kostengünstige Fahrzeuge für Nebenstrecken bauen. Als Betriebskonzept ist ein Takt-Betrieb genauso möglich wie ein On-Demand-Service, der vom Fahrgastaufkommen abhängt. Auf der InnoTrans zeigt das DLR Modelle des NGT-Taxi-Konzepts im Massstab 1:16 und erläutert betriebliche Aspekte anhand von Präsentationen.
Neu auch das Modell eines Wagenkasten-Segments, dessen Tragstruktur speziell auf die Anforderungen alternativer Antriebssysteme ausgelegt ist. Gezeigt wird eine Seitenwand, die durch geometrische Anpassungen und Multi-Material-Bauweise besonders leicht ist. Dazu werden Aluminium-Stangenpressprofile und Sandwich-Bauteile kombiniert. Mit diesem Ansatz soll die Kostenstruktur alternativer Antriebe im Zugbereich verbessert und der Bahnsektor noch nachhaltiger werden. Begleitend zum Modell im Massstab 1:1 veranschaulichen Monitore die theoretischen Grundlagen und geben Einblick in Fertigungsprozesse und Prüfverfahren.
Modellhaft auch ein hybrider Power-Paket für alternativ angetriebene Züge, eine standardisierte und modulare Antriebs- und Energiearchitektur, die ein Batterie- und Brennstoffzellen-System kombiniert. Der modulare Aufbau mache es leichter, Komponenten auszutauschen, steigere somit die Lebensdauer und damit die Nachhaltigkeit des Power-Packs. Wie dieser Ansatz in der Praxis funktioniert, untersucht das DLR mit internationalen Industriepartnern in einem Demonstrationszug. Er fährt im Forschungsbetrieb in Spanien im Rahmen des Projekts FCH2Rail.
Augmented Reality an der Bahnsteigkante
Der DLR-Stand auf der InnoTrans vermittelt zudem Einblicke in die Zustandsüberwachung im laufenden Betrieb mittels neuer Sensorkonzepte und Methoden der künstlichen Intelligenz. KI-basierte Diagnoseverfahren können helfen, Störungen zu reduzieren und den Aufwand für Wartungsarbeiten zu senken. Das DLR arbeitet auch an Testverfahren und Testanlagen für die schnellere und kostengünstigere Zulassung innovativer Signal- und Automatisierungstechnik rund um das europäische Zugkontrollsystem ETCS (European Train Control System).
Das DLR zeigt ausserdem Funkmodule für das autonome Kuppeln von einzelnen Waggons und ganzen Zügen. Sie ermöglichen die sichere und schnelle Kommunikation und Abstandsmessung von Wagen und ganzen Zügen untereinander.
Der Energiebedarf von Zügen wird bekanntlich auch vom Luftwiderstand beeinflusst. Das DLR hat deshalb ein generisches, allgemein übertragbares Zug-Modell erstellt, um speziell die aerodynamischen Effekte bei starkem Seitenwind sowie den aerodynamischen Widerstand zu studieren. So können zum Beispiel Regionalzüge am Computer auf ihre Aerodynamik untersucht und mit in Versuchen gemessenen Werten verglichen werden.
Eine wichtige Rolle spielen digitale, datenbasierte Werkzeuge und Lösungen. Im Fokus steht der Bahnhof als «Verkehrsknoten der Zukunft»: Für die Reisenden ist der Bahnhof der Zugang zum System Schiene. Wie er funktioniert, welchen Komfort und Sicherheit er bietet, beeinflusst massgeblich die Wahrnehmung und Zufriedenheit der Menschen. Das Exponat «Gesamtlagebild am Hub» zeigt, wie Reisende mit personalisierten Informationen unterstützt werden können. Die Hinweise werden als Augmented Reality (AR) Overlay auf dem Smartphone angezeigt, wenn es auf die konventionelle Abfahrttafel gehalten wird. Zu den Informationen zählen zum Beispiel die geplante Abfolge von Verkehrsmitteln sowie Details, die das Zu-, Um- und Aussteigen erleichtern.
Auf der InnoTrans: Halle 2.2 Stand 440
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- Geschrieben von: Klaus Koch