Ein «Robothund», der durch die Lagerhalle patrouilliert, ein «Segway»-Geselle, der Pakete auf ein Förderband legt, und der autonome Flurförderer Odin demonstrieren dieser Tage am Flughafen in München, wie zu Zeiten akuten Mitarbeiter-Mangels Air Cargo durch digitalisierte Helfer abgefertigt werden kann.
Forschende des Fraunhofer IML präsentierten im Rahmen des Projekts «Digitales Testfeld Air Cargo» (DTAC) die nächste Stufe der Luftfracht-Abfertigung. Wer die jüngste Generation von Robothelfern aus den Labors der Intralogistik-Spezialistzen noch nicht kannte, dem mochte das wie Science Fiction klingen. Aber wer die zurückliegenden Jahre verfolgt hatte, dem waren die Agierenden, die bei zurückliegenden Messen und Präsentationen wie eine Art robotisierte Rasselbande immer mal wieder auftauchten, bereits bekannt.
Nun überzeugten die gemeinsam mit der Frankfurt University of Applied Sciences, der Kravag-Versicherung und den Industriepartnern am Flughafen München (Cargogate, CHI, Sovereign Speed und DB Schenker) erarbeiteten Anwendungsbeispiele im konzertanten Zusammenwirken auch die Herbeigeeilten. »Es zeigt, dass wir auf aktuelle und künftige Herausforderungen gut vorbereitet sind», so Christian Bernreiter, Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr. Gerade im Sektor Luftfracht sei das besonders wichtig. «Die Sparte muss den Spagat schaffen zwischen dem Arbeitskräftemangel auf der einen und den hohen Durchsatzraten auf der anderen Seite».
Fotos: IML/DTAC
Positiv angetan auch Jan Henrik Andersson, Chief Commercial Officer & Chief Security Officer am Flughafen München. «Die Kooperation zwischen dem Fraunhofer IML und dem Flughafen München ist zukunftweisend. Angesichts des steigenden Luftfrachtaufkommens und der Herausforderungen bei der Personalrekrutierung hilft uns die Digitalisierung und Robotik in naher Zukunft, die Fracht- und Gepäckabfertigung effizienter und die Arbeitsplätze in diesen Bereichen attraktiver zu gestalten.»
Das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit rund 7 Mio. Euro geförderte und noch bis September 2024 laufende Projekt DTAC geht der Frage nach, wie sich Effizienz und Leistungsfähigkeit der Luftfracht-Transportkette optimieren lassen. Erreicht werden soll das durch eine bessere Vernetzung und Digitalisierung der Abläufe.
Schlüsselrollen nehmen im Projekt der mit Scanner und 4K-Kamera ausgestattete Robot-Vierbeiner «Spot» des US-amerikanischen Herstellers Boston Dynamics ein, der zur Einlagerung bereit stehende Paletten und entsprechende Lagerplätze autonom identifiziert. Ein autonom arbeitender Gabelstapler übernimmt den Zwischentransport zum automatisch arbeitenden Hochregallager und der vom Fraunhofer IML entwickelte omnidirektionale Transportrobot Odin ist für den Transport der Europaletten ins benachbarte Lager verantwortlich.
Vielleicht am Verblüffendsten immer noch der von den Dortmunder Forschern entwickelte evoBOT, der in Art eines Segway, aber von zwei Greifarmen unterstützt, Packstücke von einer Europalette auf das Förderband eines Röntgengeräts und nach dem Röntgenvorgang wieder zurück auf die Palette befördert.
Gesteuert werden die Prozesse über die Fraunhofer-Leitsystemsoftware «openTCS» – ein niederschwelliges Tool zur Koordination von Fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTF). Auch wenn während der jetzt stattgefundenen Vorführung am Flughafen München noch nicht alle Prozessschritte vollständig autonom abliefen und der eine oder andere Vorgang manuell gesteuert wurde, werde sich der Automatisierungsgrad bei der Luftfrachtabfertigung nach Ansicht der Forschenden sehr schnell deutlich erhöhen.
«Auf der Hardwareseite, das hat auch der heutige Tag deutlich gezeigt, sind wir bereits sehr weit. Bei der Koordination und Steuerung der Fahrzeuge wird uns in Zukunft Künstliche Intelligenz unterstützen. Sie liefert die notwendigen Werkzeuge und Algorithmen, mit denen wir die Laufwege der autonomen Roboter vorausberechnen und Kollisionen sicher vermeiden können. Letztendlich werden wir schon bald vollständig autonom arbeitende Systeme erhalten, mit denen wir die Luftfrachtbranche fit für die Zukunft machen», resümiert Professor Michael Henke, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML.
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- Geschrieben von: Klaus Koch