Foto: Swissmem

Bei der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie wuchsen die Auftragseingänge gegenüber dem Vorjahres-Zeitraum um knapp mehr als zehn Prozent, die Umsätze um zwölf und die Exporte um neun Prozent. Trotzdem gibt es laut Swissmem wenig Grund zu überschwenglicher Freude.

Denn es bleiben nach wie vor erhebliche Risiken. Lieferkettenprobleme und massiv steigende Energie- und Rohstoffpreise haben die Produktionskosten teils deutlich erhöht. Die rasche nominelle Abwertung des Euro belaste die Unternehmen zusätzlich. All das drücke auf die Margen der Firmen. Darüber hinaus drohe im kommenden Winter eine Mangellage bei der Energieversorgung. Das gelte es zu verhindern. In der Industrie würden Lieferunterbrüche bei Strom und Gas Unternehmen und deren Arbeitsplätze gefährden.

Das auftragsvolumen der Schweizer MEM-Industrie liegt nach sechs Quartalen mit positiven Wachstumsraten nun 30 Prozent über dem Vorkrisenniveau im vierten Quartal 2019. Die Wachstumsdynamik hat jedoch im zweiten Quartal 2022 abgenommen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Umsätzen. Die stiegen gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 um 12,1 Prozent. Aufgrund des hohen Auftragsbestandes dürften die Umsätze auch im zweiten Halbjahr weiter zulegen. Sowohl KMU wie auch Grossfirmen profitieren von dieser positiven Geschäftsentwicklung.

Grafik: Swissmem

Die Kapazitätsauslastung in den Betrieben erreichte im zweiten Quartal 2022 hohe 90,3 Prozent. Im ersten Quartal 2022 arbeiteten 320’900 Personen in der MEM-Branche. Zudem ist die Anzahl offener Stellen in Swissmem Mitgliedfirmen innerhalb eines Jahres um 32 Prozent gestiegen.

Dunkle Wolken

Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher: «Die Auftrags- und Umsatzentwicklung in unserer Branche ist erfreulich. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Lieferprobleme und vor allem die stark steigenden Energie- und Rohstoffpreise haben die Produktionskosten deutlich erhöht. Bei weitem nicht alle Firmen können die höheren Kosten rasch auf ihre Kunden überwälzen. Insbesondere die explodierenden Energiekosten bedrohen manche Firmen in ihrer Existenz».

Für die kommenden zwölf Monate gehen 30 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer von sinkenden Aufträgen aus dem Ausland aus. Der Anteil jener, die höhere Aufträge erwarten, habe sich von 35 Prozent auf 29 Prozent verringert. Der Stand des Einkaufsmanagerindex (PMI) der Industrie widerspiegelt diese Eintrübung. In der Eurozone, dem wichtigsten Markt der Schweizer Industrie, sank der PMI im Juli 2022 erstmals seit Mitte 2020 unter die Wachstumsschwelle.

S.Brupbacher. Foto: Privat

Die Industrie ist für ihre Produktionsprozesse existenziell auf eine unterbruchsfreie Energieversorgung angewiesen. Nur ein Teil der MEM-Firmen ist in der Lage, mit einer flexiblen Produktionsplanung allfällige Unterbrüche aufzufangen. Betriebe, deren Produktionsprozesse hohe Temperaturen erfordern, sind hingegen zwingend auf eine unterbruchsfreie Versorgung angewiesen. Falls diese wegfällt, müssten sie ihre Produktion vollständig einstellen. Martin Hirzel, Präsident Swissmem, warnt: «Eine Strom- oder Gasmangellage muss unbedingt verhindert werden. Sie würde in der Industrie Unternehmen und deren Arbeitsplätze gefährden.» Deshalb müssten Industriefirmen, die technisch auf eine unterbruchfreie Energieversorgung angewiesen sind, von einer allfälligen Gas-/Strom-Rationierung ausgenommen werden.

Erfreulich sei, dass der Bund dabei sei, bereits für diesen Winter namhafte Reservekapazitäten für die Stromproduktion zu erschliessen. Das allein werde jedoch nicht ausreichen. Dabei dürfe es keine Technologieverbote geben. Die Energiestrategie 2050 müsse angepasst werden. Die aktuelle Lage zeige deutlich, dass man nicht gleichzeitig aus nuklearen und fossilen Energieträgern aussteigen könne. Die Absicht des Bundes, bis 2025 zwei bis drei Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von bis zu 1000 Megawatt zu bauen, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Zudem brauche es eine Straffung der Bewilligungsverfahren. Swissmem-Präsident Martin Hirzel fordert: «Die 15 Wasserkraftprojekte, die der Runde Tisch im vergangenen Dezember definiert hat, müssen so rasch wie möglich realisiert werden. Jahrelange Verzögerungen bei Kraftwerksprojekten kann sich die Schweiz nicht mehr leisten.» Mit einer Gesetzesvorlage, die die Einsprachemöglichkeiten für diese Projekte einschränkt und die Verfahren strafft, könnte das Volk bereits Ende 2023 in einem Referendum darüber abstimmen.

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