Wer auf dem Zukunftskongress war, der kannte Dachsers «Future Terminal» mit dem im Enterprise Lab des Fraunhofer IML entwickelten digitalen Zwilling und seinen bis zu 600 unter der Hallendecke eines Umschlaglagers installierten Kameras bereits. Jetzt erhielt «@ILO» den deutschen Logistikpreis 2023.
@ILO steht für «Advanced Indoor Localization and Operations». Auf jedes Packstück kommt ein zweidimensionaler Datamatrix-Code als Identifikator. Die Codes werden durch Hunderte optische Scan-Einheiten im Deckenbereich der Halle erfasst, alle Packstücke, Assets und Abläufe in einem Umschlaglager in Echtzeit abgebildet. Die vollautomatische Identifizierung und Lokalisierung der Paletten macht das manuelle Scannen der Barcodes überflüssig und führt zu einer Beschleunigung einzelner Prozesse zwischen Wareneingang und Warenausgang.
Foto: Bublitz
Den Mitarbeitenden im Lager werden die wichtigsten Informationen für den innerbetrieblichen Transport sowie zusätzliche Informationen wie Gefahrguthinweise oder priorisierte Verladeanweisungen direkt auf dem Monitor angezeigt. Intelligente Algorithmen unterstützen die Verladung und Tourenplanung und helfen, die Auslastung von Laderaum zu optimieren.
Für das Projekt waren, wie berichtet, die Umschlaghallen zweier Dachser-Niederlassungen in Unterschleissheim bei München und in Öhringen bei Heilbronn zu Pilotanlagen umgerüstet worden. 2024 soll sukzessive die Implementierung in den europäischen Dachser-Niederlassungen erfolgen.
Zu den Finalisten gehörte am Schluss auch das Projekt «Green Delivery Hamburg» des Paketdienstleisters Hermes mit einem im Stadtteil Billbrook eingerichteten E-Mobility-Hub, an dem es rund 100 Ladepunkte für E-Transporter gibt. In Kombination mit dem citynahen Logistik-Center mit über 40 weiteren Ladepunkten sowie einer Schnellladestation für den eingesetzten E-Lkw bildet es die Absprungbasis für die elektrische Belieferung der Hansestadt. Damit schaffe Hermes die Voraussetzungen um über 240 vollelektrisch betriebene Fahrzeuge in ganz Hamburg Päckchen und Pakete zustellen zu lassen.
Hermes-Projekt
So liessen sich laut Hermes 1400 t CO2 im Jahr einsparen. Hinzu kommen acht E-Lastenräder, die von einem kollaborativ genutzten Mikro-Hub in Hamburg-Altona aus emissionsfrei zustellen. «Damit schaffen wir die Voraussetzungen dafür, in ganz Hamburg ohne Emissionen unterwegs zu sein», sagt Hermes-CEO Olaf Schabirosky. «Wenn die Konjunktur anzieht, könnten wir jährlich bis zu zwölf Millionen Sendungen CO₂-frei transportieren.» (www.hermesworld.com/de)
Endrunden-Kandidat Greenplan trat mit einer Tourenplanung auf Basis einer «diskreten mathematischen Lösung» an. Das Problem der Tourenplanung wird umso komplexer, je mehr Standorte einer Route hinzugefügt werden. Bei 4 Standorten ergeben sich zum Beispiel rein rechnerisch 24 mögliche Routen, während es bei zehn Standorten bereits mehr als 3,6 Millionen verschiedene Optionen gäbe. Künstliche Intelligenz stosse hier schneller vor. Greenplans Algorithmus ermögliche eine Optimierung des Fahrverhaltens im Vorfeld und nicht erst während der Fahrt. Dadurch seien Effizienzsteigerungen von bis zu 20 % möglich. Der Algorithmus wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für diskrete Mathematik der Universität Bonn entwickelt. Um die aktuelle Verkehrslage in der Planung zu berücksichtigen, greift Greenplan auf Tempoprofile zurück. Sie geben Auskunft darüber, zu welcher Uhrzeit auf welchem Strassenabschnitt welche durchschnittlichen Geschwindigkeiten gefahren werden. (https://greenplan.de/de)
Abb.: Dachser
In der Schlussrunde schliesslich auch «Modility», ein Buchungsportal für den intermodalen Verkehr Wenn Unternehmen intermodale Transporte buchen wollen, gebe es dafür bisher kein Vergleichsportal, keine Übersicht über mögliche Anbieter und Verbindungen und erst recht keine Möglichkeit, passende Angebote direkt zu buchen. Für viele Unternehmen sei das eine grosse Hürde, sodass am Ende doch wieder der «klassische“ Lkw auf den Weg geschickt werde. Modility hat einen Online-Marktplatz aufgebaut, der Anbieter und Nachfrager im Kombinierten Verkehr zusammenführt und den Buchungsprozess vereinfacht. Bisher muss ein Disponent für die Organisation eines solchen Transports eigenhändig passende Terminals recherchieren, Anbieter für Haupt- und Nebenläufe finden, sie separat kontaktieren, Angebote einholen und Preise verhandeln. Das Angebot auf der Plattform umfasst mittlerweile mehr als 800 KV-Verbindungen zahlreicher Operateure für Container, Sattelauflieger, Wechselbrücken oder Tank-Container. Zusätzlich zum Schienentransport fänden sich an mehr als 80 Prozent der angeschlossenen Terminals Optionen für Nebenläufe, also den Transport zwischen Umschlagplatz und Produktions- bzw. Bestimmungsort per Lkw. Für jeden erfolgreich vermittelten Transport erhält modility eine Provision vom Operateur. Schweizer Logistik-Diensleistern mag das Modell bereits ein wenig bekannt vorkommen. (www.modility.com/de)
Die 17köpfige Jury votierte nach den Evaluationsterminen bei den vier Finalisten eindeutig für das Sieger-Konzept. BVL-Vorstands-Chef Thomas Wimmer: «Hier wurde ein Grundproblem der Stückgutlogistik gelöst. »
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- Geschrieben von: Klaus Koch