In Deutschland, heisst es, sei  - wer einen Gleisanschluss betreibt – weitgehend auf sich allein gestellt und einsam in seinen Entscheidungen. Wobei es auch Enthusiasten gibt, die 2013 auf Initiative  von Anschluss-BahnProfis, des Fraunhofer-IML und des LKZ Prien eine «ERFA-Gleisanschluss-Gruppe» gründeten. 

In zurückliegenden Jahrzehnten wurden viele Schienen-Anschlüsse zu Industriegeländen, die inzwischen oft Brache sind, aus Gründen mangelnder Rentabilität abgebaut.  Die ERFA-Initiative geniesst nun immerhin die Unterstützung des bayerischen Verkehrsministeriums, um Gleisanschliessern ein Forum zum Austausch und Diskutieren zu bieten, und sich über Erfahrungen und Herausforderungen zu eigenen Gleisanschlüssen auszutauschen. Inzwischen zählt die ERFA über 40 Mitglieder mit den ERFA-Gruppen in Bayern, Niedersachen (Hannover) und seit diesem Jahr neu auch in Sachsen-Anhalt.


Vergangene Woche traf sich die ERFA-Gruppe in Bayern bei einem ihrer Mitglieder in Obernburg am Main. Als Gastgeber fungierte eine Mainsite GmbH & Co. KG lud zum Besuch in das Industrie Center Obernburg (kurz ICO) ein. In einer Einführung erläuterte Andreas Schneider, Leiter der Immobilien & Standort-Entwicklung, dass im ICO seit 1924 hauptsächlich technische Fasern und Garne hergestellt werden, die heutzutage beispielsweise in Airbags, Sicherheitsgurten, Autoreifen und Bekleidung eingesetzt werden. 
Der Standort hat sich in den vergangenen fast 100 Jahren immer wieder an Veränderungen und neue Gegebenheiten angepasst. Nur deshalb sei er bis heute am bayerischen Untermain, als einer der wenigen Standorte der Faserindustrie in Europa erhalten geblieben. Für die Region bedeutet das ICO 3000 Arbeitsplätze, 250 Ausbildungsplätze, wichtige Gewerbesteuer-Einnahmen, ein hochmodernes Kraftwerk, das bei Bedarf rund 200000 Menschen in der Region sicher mit Strom versorgt, eine Werksfeuerwehr, die auch die umliegenden Gemeinden unterstützt, und vieles mehr.


Bei einer Besichtigung des ICO konnten sich die ERFA-Mitglieder einen Eindruck von der neuen Logistik mit dem auf einer Fläche von ca. 71.000 m² umfassenden, seit 2019 in Betrieb genommenen Logistikzentrum und die Bahnanlagen verschaffen.  Martin Franke, stellvertretender Leiter Schienenverkehre Waggon-Disposition von ARS Altmann, berichtete über seine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der DB Netz AG und die Auswirkungen der Riedbahn zwischen Mannheim, die ab Juli 2024  mit einem Aufwand von rund 500 Mio. Euro saniert werden soll. 
Rechtsanwalt Andy Niekamp informierte in seinem anschliessenden Fachvortrag über die Änderungen des neuen Gleisanschlussrechtes in Deutschland gemäss § 13 AEG (Allgemeines Eisenbahngesetz). Es regelt die Gestaltung neuer Verträge für den Anschluss an andere Eisenbahn-Infrastrukturen. ERFA-Moderator Andreas Krapf, Projektleiter beim Logistik-Kompetenz-Zentrum (LKZ) Prien, wusste die Organisationsarbeit der Mainsite-Betreiber-Gesellschaft, des Geschäftsführers Andreas Schneider und Logistik-/Betriebsleiters Hans-Jörg Schramm zu würdigen.


In Deutschland gibt es seit Januar 2021 in der Tat eine «Richtlinie zur Förderung des Neu- und Ausbaus, der Reaktivierung und des Ersatzes von Gleisanschlüssen sowie weiteren Anlagen des Schienengüterverkehrs», und dafür auch staatliche Fördermittel vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur «für die Errichtung, die Reaktivierung, den Ausbau und den Ersatz von Gleisanschlüssen und multifunktionalen Anlagen sowie Zuführungs- und Industriestammgleisen». Übergeordnetes Ziel: die Verlagerung von Anteilen des Güterverkehrs von der Strasse auf den Verkehrsträger Schiene sowie die dauerhafte Sicherung entsprechender Verkehre auf dem Gleis. Konkretes Ziel der Schienen-Aschluss-Förderrichtlinie sei es, durchschnittlich mit je 1 Million Euro Fördermittel 31 000 LKW-Fahrten zu vermeiden. 
Bei der Erfa erhalten neue Mitglieder gleich ein entsprechendes Handbuch, das eine Sammlung der wichtigsten Vorschriften, Links und Erfahrungen enthält. 

www.erfa-gleisanschluss.de

www.lkzprien.de/