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Interessante Lenksysteme (ohne Lenkrad…), die angekündigten Elektro-Fluesterriesen im Traglastbereich von 10 bis 18 t und Green Power im Warenumschlag - aber auch sengende Hitze gab es bereits zum Auftakt auf dem Maimarktgelände in Mannheim bei der World of Material Handling von Linde MH.

Die Entwickler schwören Stein und Bein darauf, dass sich mit der Linde Steer Control, basierend auf der Steer-by-Wire-Technologie, die Ergonomie für den Fahrer entscheidend verbessern lässt. Tatsächlich steht jetzt praktisch jede Option zur Verfügung: das «gute», alte Lenkrad, der Joystick, oder eben wahlweise das Mini-Wheel. Frank Bergmann zufolge, der Produktmanager bei den Gegengewichtsstaplern ist, vollzieht der Flurförder-Fahrzeughersteller damit im Grunde das, was auch bei wesentlich grösseren Kalibern der Nutzfahrzeug-Anbieter schon seit Längerem Gewohnheit ist.

Mini-Wheel statt Lenkrad

Statt des Lenkrades mit der noch halbwegs direkten Richtungs-Steuerung an die Räder des Fahrzeugs, werden die Steuerungsbefehle des Fahrers hier in elektrische Signale umgewandelt und an die hydraulischen Stellelemente weitergeleitet. Natürlich müsse sich der «user» erst umstellen, so Bergmann. Das falle vor allem der jüngeren Generation und bereits ins digitale Zeitalter hinein geborenen Stapler-Anwendern deutlich leichter. Er konstatiert – zum Beispiel bei klassischen Alltags-Anwendungen eines Staplers – Streckentransporte, Manövrieren oder Ein- und Auslagerungsprozesse – eine «steile Lernkurve» beim Mini-Wheel. Lässt der Fahrer das Bedienelement los, drehen sich die Lenkräder wieder automatisch in Geradeausstellung.

Der Autor selbst betrachtet bereits den Joystick bei der Lenkung, der sich ebenfalls automatisch wieder in Geradeausstellung begibt, auf dem Kiesboden des Maimarkt-Geländes mit Skepsis, und verlässt sich lieber nicht gänzlich darauf, dass sich die schnelle Umsetzung des Steuerbefehls per Geschwindigkeits-Regelung im Sicherheits-Rahmen bewegt. Der linke Arm des Fahrers ruht auf der linken Armlehne, rechts die Bedienung von Hubgerüst und Gabelzinken. Wie immer bedarf das Umsteigen von einfacher ausgestatteten Alltagsgeräten mit Direktlenkung und Hebeln eines Augenblicks der Umorientierung. «Wir reduzieren die Körperbewegungen und entlasten den Fahrer», so Bergmann. Was sich in Baggern, Kränen, Schienenfahrzeugen oder Flugzeugen bereits etabliert habe, davon ist er überzeugt, könne in Zukunft auch in Flurförderzeugen immer häufiger zum Einsatz kommen und sich zum Branchenstandard entwickeln.

Wir bleiben ein wenig skeptisch, und halten mit Erfahrungen anhand der Computermaus gegen, die sich zwar leicht bewegen lässt, aber manchen «Bediener» auch nicht vor der Sehnenscheiden-Entzündung schützt. Es werden sich wohl weitere Langzeit-Ergebnisse ergeben, die weitere Aussagekraft erlauben. Die Ingenieure von Linde ihrerseits haben das neue Konzept bereits durch eine ganze Serie von Testreihen gejagt – und sind von der Durchsetzungs-Fähigkeit der neuen Lösung – vor allem nun mal bei den jüngeren Leuten – überzeugt. Wer will, hat in jedem Fall die Wahl.

Für neun Veranstaltungstage hat Linde in Mannheim den roten Teppich für Kunden und Interessenten ausgelegt. Erwartet werden innerhalb der nächsten Tage insgesamt mehrere Tausend Gäste. Abgesehen von der exponierten Lage und Abhängigkeit von Wetterkapriolen wie gleissender Sonne und wahlweise dieser Tage schnell im Wechsel auftretender Gewitter mit Schlagregen ist das Maimarkt-Gelände mal wieder ideal für Präsentationen, die im Aussengelände auf einiges an Fläche angewiesen sind.

Im Hallenbereich werden klassische Intralogistik-Lösungen – unter anderem mit Dematic und am Beispiel einer Flaschenfertigung vom Wareneingang bis zur letzten Meile zum Point of Sale - demonstriert. In der grossen Messehalle wurde ein kompletter Warenfluss zur Herstellung von Glasflaschen nachgebaut. In einem «Kontrollzentrum» können Besucher nachvollziehen, welche Vorteile sich durch die Digitalisierung und Vernetzung der Lagerprozesse erzielen lassen. An weiteren Themeninseln werden das umfangreiche Sicherheitsportfolio, die unterschiedlichen Energiekonzepte, die Flottenmanagementlösung «connect» und Möglichkeiten zur Automatisierung gezeigt.

Jeweils an passender Stelle eingebettet sind die Produkte und Lösungen der Partner-Unternehmen. Am «Wareneingang» finden sich die Sicherheitsbarriere von A-Safe, im «Lager»-Bereich ein Schwerlastregal von Bito sowie das automatische Kleinteilelager «AutoStore» von Dematic. Im Bereich «Kommissionierung» gibt es eine mobile Wiegeeinrichtung von Ravas und bei der Station «letzte Meile» eine Hebebühne von Palfinger. EnerSys, Fronius, Hoppecke und Plug Power fokussieren das Thema «Energie».

«In den vergangenen zwei Jahren haben sich die gesamten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und damit auch die Anforderungen an den innerbetrieblichen Materialfluss spürbar geändert», sagt Stefan Prokosch, Senior Vice President Brand Management Linde Material Handling, zum Auftakt der Veranstaltung. «Verteuerung der Energie, Fachkräftemangel, höhere Ansprüche an die betriebliche Sicherheit und die Suche nach Lösungen für mehr Nachhaltigkeit – das sind nur einige der Herausforderungen, denen sich unsere Kunden gegenübersehen. Gleichzeitig gilt es das Optimierungspotenzial zu nutzen, das sich durch Digitalisierung und Vernetzung realisieren lässt.» Mit Staplern und Lagertechnikgeräten allein, so der oberste Markenverantwortliche, liessen sich die Anforderungen heute nicht mehr erfüllen (weitere Berichte folgen).

www.linde-mh.de