Bislang erstellen automatisierte Flurförderzeuge bei ihren Fahrten durchs Lager ein starres 3D-Abbild ihrer Umgebung. Ein Forschungsprogramm namens ARIBIC (Artificial Intelligence-Based Indoor Cartography) will daraus einen dynamischen, sich jeweils in Echtzeit anpassenden digitalen Zwilling machen.

Wenn Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) durch Lager- oder Produktionshallen navigieren, werden sie zu Datensammlern. Daten, die jedoch in der Regel sofort wieder gelöscht werden. «Eine riesige Verschwendung», meint Bengt Abel, Projektleiter beim Staplerhersteller Still. Das internationale Forschungsprojekt zielt deshalb auf Methoden, mit denen sich die Informationen gewinnbringend weiternutzen lassen.

Die über Sensoren und Kameras ermittelten Daten können in der ARIBIC-Cloud dazu verwendet werden, 3D-Karten von Lagerhäusern oder Produktionsanlagen zu erstellen, die jederzeit auf dem aktuellen Stand sind. «Über diese aktuellen Sensordaten erzeugen wir einen lebenden digitalen Zwilling der Umgebung und können damit alles in Echtzeit darstellen und teilen», umreisst Bengt Abel die Grundidee.

«Die Sensorik erfasst selbst kleinste Veränderungen und leitet sie an die Plattform weiter. In der auf künstlicher Intelligenz basierenden Innenraumkartografie werden diese Änderungen, beispielsweise ein verschobenes Regal oder eine neu abgestellte Palette, sofort berücksichtigt und in das System zurückgespielt», so der Experte.

Das Lagerumfeld: permanent in Bewegung. Bilder: Still

Benötigt werden hochauflösende 3D-Karten bislang vor allem für die Lokalisierung im Lager. Mit den Information lassen sich aber auch Warenhaus- und Fabrikplanung optimieren. Beispielsweise ist eindeutig erkennbar, in welchen Bereichen des Lagers viel oder wenig gefahren wird oder welche Gänge häufiger zugestellt und damit blockiert sind. Mit diesen Ergebnissen lassen sich Regale (zunächst) virtuell verschieben oder Produktionsflächen neu anordnen. Abel: «Anwenderinnen und Anwender können mit der neuen Möglichkeit, die Arbeitsumgebung permanent aufzunehmen, ihre Lager und Produktionshallen künftig optimal planen und ausnutzen.» Nach Aussage des Still Experten sind noch unzählige weitere Anwendungsfelder denkbar, die auf den ARIBIC-Ergebnissen aufbauen: «Wir haben bereits heute grossartige Ideen. Ich bin mir aber ganz sicher, dass in Zukunft noch sehr viele hinzukommen werden.»

Gestartet wurde das ARIBIC-Projekt im März diesen Jahres. Der Abschluss ist für das vierte Quartal 2023 gedacht. An dem internationalen Forschungsvorhaben sind neben dem Konsortialführer Still auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Universität Toronto mit dem STARS-Labor und der kanadische Sensorhersteller LeddarTech beteiligt. Gefördert wird das Projekt durch das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Industrial Research Assistance Program des kanadischen National Research Council (NRC IRAP). Der Hamburger Intralogistikanbieter Still wird dafür sein Erfolgsmodell OPX iGo neo ins Rennen schicken – einen bereits reichhaltig mit Sensorik und Kameratechnik ausgestatteten autonomen Kommissionierer.

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